RE: Davongestohlen - 3

Sie beisst die Zähne zusammen und flucht in sich hinein. Wo war der Bastard? An ein Wegrennen ist nicht zu denken. Gehetzt sieht sie sich um. Dann reißt sie sich den Armbrustbolzen mit einem Ruck aus der Wunde, was sie um ein Haar beinah ohnmächtig werden ließ. Ann hangelt sich bis vor zur Deichsel wo sie ein wenig durch die Räder der Kutsche geschützt ist. In Bruchteilen von Augenblicken überlegt sie wie sie hier wegkommen könnte als ihr Blick auf den Bolzen der Deichsel welche das Pferd mit der Kutsche verbindet fällt. Es ist noch angeschirrt. Ann greift sich den nächst besten Stein, löst den Bolzen, krallt sich mit der einen Hand an der Deichsel fest und wirft mit der anderen den Stein so wuchtig sie kann auf das Pferd, das daraufhin erschrickt und nach vorne prescht. Sie kann gerade noch mit der zweiten freien Hand an die Querstrebe greifen, als sie mit einem Ruck hinter dem durchgehenden Pferd hergezogen wird, krampfhaft bemüht nicht mit dem Kopf Boden aufzuschlagen, von den Hufen getroffen oder bewusstlos vor Schmerz zu werden.

Sie schafft es, sich am Pferd zu halten, ohne sich größere Verletzungen zu holen. Doch der Bolzen hat eine große Wunde verursacht. Ann blutet stark und der Blutverlust macht sich bemerkbar.

Als Ann glaubt sich nicht mehr halten zu können wagt sie einen Blick nach hinten. Das Pferd hat sich mittlerweile etwas beruhigt und trabt vor sich hin, Ann mit der Deichsel hinter sich herziehend. Sie kann sich gerade noch wundern nicht erneut einen Bolzen eingefangen zu haben und auch keinen Verfolger in ihrer Nähe zu sehen bevor ihre Kräfte sie verlassen und ihr die Deichsel aus der Hand gleitet. Schwer atmend versucht sich Ann noch in ein Gestrüpp zu retten. Es gelingt ihr mehr schlecht als recht. Mit aller letzter Kraft reißt sie einen langen Stoffetzen von der durch das Nachziehen zerfetzten Kleidung und bindet ihren Oberschenkel damit ab, dann umfängt sie die tiefe Dunkelheit.

Die Sonne ist bereits wieder hinter dem Baumwipfeln verschwunden und die Kühle der Nacht schickt ihr Boten durch das Land. Als Ann erwacht, kann sie Fesseln an Händen und Füßen spüren. Ihr Oberschenkel ist verbunden. Ihre Glieder und Gedanken sind schwer. Vermutlich wurde ihr etwas eingeflößt. Sie kann ihren Entführer vor ihr sehen, wie er mit drei anderen Männern spricht.

An versucht sich bequemer hin zu legen. Sie ist schwach und alle Körperteile Schmerzen bei jeder Bewegung. Resigniert sieht sie zu ihrem Entführer, als ihr bewusst wird dass sie erneut in dessen Hände gefallen ist. So zuwider es ihr auch ist muss sie sich eingestehen dass sie diesem Umstand wohl ihr Leben verdankt.

Nach mehreren Stunden erneutem Dahindämmerns schlägt Ann ihre Augen auf. Ihr ist heiß und kalt zugleich, Schweißperlen stehen auf ihrer Stirn und sie verspürt Durst. Ihre Kehle ist wie ausgetrocknet. Sie hustet.

Der Entführer spricht sie nicht an. Aber sie kann sehen, dass er etwas Pulver in den Trinkschlauch mit Wasser füllt. Dann geht er zu ihr und setzt ihr das Gefäß an die Lippen.

Ann versucht sich dagegen zu wehren nachdem sie gesehen hat dass er das Pulver beigemischt hat.

"Er packt ihren Haarschopf und zieht so ihren Kopf in den Nacken, dann presst er die Mündung des Schlauchs an ihre Lippen, trink oder krepiere am Fieber!"

Ihr bleibt nichts anderes übrig als die in ihren Mund laufende Flüssigkeit zu schlucken will sie nicht daran ersticken.

Er lässt schließlich von ihr ab. Es dauert eine Weile, aber sie verspürt Linderung. Das offensichtliche Fieber wird leichter. Ihr Entführer entfernt sich wieder einige Schritte.

Anns Atem wird ruhiger, sie spürt wie ihr puls sich beruhigt und ihre Gedanken werden klarer. Sie verschafft sich einen Überblick soweit dies möglich ist.

Es ist bereits Nacht. Sie kann drei Männer an einem Lagerfeuer sitzen sehen. Der Entführer ist in der Dunkelheit verschwunden. Sie sind in einem Waldstück. Mehr ist im Moment nicht zu erkennen. Aber sie kann das Schnauben von Pferden hören.

Resigniert muss Ann sich eingestehen dass sie in ihrem jetzigen Zustand und vor allem in der Position wie sie jetzt ist nicht mit vier Männern fertig werden wird. Dass sie Pferde schnaubend hört macht die Sache nicht einfacher. Erneut ändert sie ihre Sitzposition um sich nicht vollständig zu verkrampfen und zieht die Luft scharf ein als sie den verletzten Oberschenkel bewegt. Erst als das Pochen und der pulsierende Schmerz wieder etwas nachlässt kann sie weiter ihre Gedanken kreisen lassen. Dann fällt es ihr wie schuppen von den Augen. Es ist ein winzig kleiner Strohhalm an den sie sich klammern kann und der es vielleicht möglich macht dass man sie findet und befreit bevor man sie ihrem Bruder übergeben kann. Lady Miriam hat ihren Ring noch und wenn diese ihn zu nutzen weiß konnte eine Spur zu Ann führen...

Plötzlich steht der Entführer vor ihr und wirft ihr eine Decke über den Körper. "Schlaf jetzt." Dann wendet er sich wieder ab und geht in die Schatten.