Rat der Noblen von Drackensteig » Im Kerker von Chinnon..

... Gleissende Sterne tanzen vor dem inneren Auge und wechseln sich mit tiefschwarzer Dunkelheit in pulsierendem Rhythmus ab. Schmerzen die einen in den Wahnsinn treiben können jagen durch den Körper, dringen in jede Faser in entlegenste Winkel im Innern vor, lassen spüren von dessen Existenz man keine Ahnung hatte. Augenblicke die zu Ewigkeiten werden, Stunde um Stunde dehnt sich zur Unendlichkeit, Zeitgefühl trügerisch ausser Kraft gesetzt, Tage und Nächte ohne Unterschied, unvergleichlich, dauerhaft dunkel und nicht messbar.

Langsam kehrt Ann zurück ins Leben. Die Dunkelheit in ihrem Geist lichtet sich, ihre Lungen füllen sich mit Atem. Doch beinah gleichzeitig fühlt sie die Schmerzen bewusst, die ihre Gliedmaßen und ihren Körper in Wellen durchlaufen und sie will aufschreien, doch kein Laut kommt über ihre Lippen. Ein leichter Schimmer dringt durch ihre geschlossenen Lider, und doch fühlt sie sich fast blind von dessen Helligkeit. Hilflos öffnet sie nach gefühlter Ewigkeit die Augen, nur um sie gleich wieder zu schließen, so gleissende hell erscheint ihr das Licht der einzelnen Fackel. Stöhnend dreht sie den Kopf von der Lichtquelle weg und spürt kaltes Eisen an ihrem Hals. Ihr Mund scheint ausgetrocknet wie eine Wüste, die Lippen, aufgeplatzt vor Trockenheit, brennen. Als sie regelmäßig wieder atmet und ihre Lungen sich füllen beginnen diese zu rebellieren. Ein Hustenanfall ist die Folge, der ihren Kopf und ihre Brust zum Platzen bringen will und in den Ohren so betäubend laut widerhallt, dass sie sich diese unwillkürlich zuhalten wollte. Doch ihre Hände sind in Eisen gelegt, und das Klirren der Ketten ebenfalls unerträglich.
Erneut öffnet sie die Augen einen Spalt breit, nur um fest zu stellen, dass sie in einem Verließ an die Wand gekettet am Boden lag. Muffig und modrig war die Luft, das Stroh auf dem sie lag war feucht und verströmt einen penetranten Geruch. Nach ein paarmaligem Blinzeln klärte sich ihr Blick langsam, die vorher noch verschwommenen Umrisse wurden klarer.
Ann musste gegen Übelkeit und Schwindel ankämpfen als sie sich etwas aufrichtet. Doch die Übelkeit siegte und sie übergab sich röchelnd und sich selbst beschmutzend. Man hatte sie in ein härenes Büßerkleid gesteckt, das schon bessere Zeiten gesehen hatte und nun noch erbärmlicher aussah.
Langsam legte sich der Schwindel und die Übelkeit ließ nach und sie wagte es, erneut den Blick zu heben. Ein kleines Rinnsal Wasser in einer Rille teilte den kleinen fensterlosen runden Raum in dem sie sich befand in zwei Hälften. Die einzige Tür bestand aus dicken Bohlen und hatte eine kleine Öffnung in Augenhöhe, die jedoch jetzt mit einer Klappe verschlossen war. In geringem Abstand neben ihr stand ein Eimer, der wohl für die Notdurft gedacht war. Das Stroh am Boden hatte schon lange niemand mehr ausgetauscht und eilig tapsende trippelde Schritte sowie ein Fiepen zeigen ihr, dass sie nicht allein im Kerker war. Als Ann an sich herab sah, entdeckte sie, dass sowohl ihre Arme sowie ihre Beine in Eisenschellen mit Ketten steckten, die an der Wand befestigt waren. Um den Hals trug sie ein Halseisen, doch hier war keine Kette angebracht.
Ann versucht auf die Knie zu kommen, was ihr nach längerem Versuch auch gelingt und krabbelt in Richtung Wasserrinne. Als sie diese beinah erreicht hatte strafften sich die Ketten an den Armen. Nur noch ein kleiner Abstand trennte sie von dem für sie köstlichen Nass, und doch scheint er nicht zu überbrücken. Egal wie sie sich drehte und wendete, er blieb nicht erreichbar. Durst quälte sie immer mehr, je länger sie an dem Wasser war und sie begann sich verzweifelt in die ketten zu werfen, was nach mehrmaligen Versuchen blutige Handgelenke nach sich zieht.

Schließlich gibt sie es auf. Erschöpft und noch durstiger als vorher liegt sie am Boden, den Kopf nur weniger als Handbreit neben dem Wasser. Im Kerker ist es kalt und sie fröstelt, ihre Schwäche tut ein Übriges dazu.
Ann weiß nicht wie lange sie schon in dem Verlies ist, weiß weder Stunde noch ob es Tag oder Nacht ist. Sie schließt die Augen um sich besser konzentrieren zu können und dämmert darüber hinweg ein. Die Ratten, mit denen sie ihr Quartier teilt werden mutig und angezogen von dem Geruch des Erbrochenen und der blutigen Handgelenke wagen sie sich zu dem am Boden liegenden Körper vor. Schnuppernd, fiepend und mit ihren Tasthaaren die Umgebung erkundend lecken sie schließlich das Blut von der Haut und beginnen daran zu knabbern. Ann schrickt hoch als die scharfen Zähne ihr zusetzen und die Ratten stoben auseinander, verschwanden wieder in ihren dunklen Ecken, laut protestierend weil man sie um die Mahlzeit gebracht hat. Ann ekelt sich, rafft sich soweit es geht auf und zieht sich an die Wand zurück. Sie lehnt sich mit dem Rücken dagegen, die Hände in das Hemd vergraben und bemüht sich nicht erneut ein zu schlafen. Mittlerweile ist die Fackel halb abgebrannt und sie kann sich denken wie es wird wenn sie erlischt. Das Getier wird dann wieder hervor gekrochen kommen um im Schutz der Dunkelheit erneut eine Mahlzeit zu erhaschen.
Ann ruft sich zur Ordnung um nicht auf zu geben und bemüht sich, die letzten Bilder an die sie sich erinnern kann ins Gedächtnis zurück zu holen. Sie weiß, sie müsste tot sein.. Doch sie war es nicht..

Ann konnte draußen Stimmen vernehmen. Es wurde gelacht. "Warum dieser Aufwand? Das wird sich eh bald erledigt haben. Die Viecher hatten ewig nix zum fressen. Ich denke wir können in Ruhe wetten abschließen." Eine Lache war übler als die nächste. "Der Meister hat gezeigt was er kann. Er wir sie brechen, er wird sie immer wieder zurück holen" Erneutes Lachen. " Weißt du warum er uns mehr wache laufen lässt? Er wirkt angespannt." "Nein...lass und mal schauen ob sie schon angefangen haben." Ann konnte hören wie die Tür geöffnet wurde. Gleißendes Licht einer sehr hellen Laterne blendete sie.

Ann lauscht und lehnt den Kopf an die kalte Steinwand. Ihr läuft ein Schauer über den Rücken als sie versteht was die Stimmen sagen.
Als der Riegel gelöst wird und die Tur sich öffnet sieht sie in deren Richtung, wendet aber als das gleissende Licht sie trifft den Kopf weg.

"Es lebt noch und die Viecher haben noch nicht angefangen." Erneutes lachen. "Sieh uns an du Miststück." Einer packte sie an den Haaren. "Ist die hässlich......" Sie spukten aus. Ann direkt ins Gesicht. "Komm gehen wir. Er wird uns noch genug Spektakel bieten mit ihr."

Sie unterdrückt ihren Ekel und sieht sie an. "Wasser.. Bitte.." kommt ihr über die Lippen während sie mit dem Handrücken den Speichel vom Gesicht wischt.

"Sollst du haben." Wieder Gelächter sie hört Schritte dann ergießt sich ein Schwall Brackwasser über sie. "

Ann öffnet den Mund und hebt den Kopf als sie den Eimer über sich sieht um möglichst viel von dem Wasser zu sich nehmen zu können. Doch schon als sie den ersten Schwall im Mund spürt schmeckt sie wie salzig dieses ist und spuckt aus. Obwohl sie den Kopf sofort abwendet hat das Wasser ihre Augen erreicht bevor sie diese schließen konnte und brennt in diesen ebenso wie auf den aufgeplatzten Lippen und den offenen Handgelenken wie Feuer. Sie unterdrückt in letzter Sekunde einen Aufschrei, der deshalb zu einem Ächzen wird. "bastard" kommt leise aus ihrem Mund nachdem sie ein paarmal ausgespuckt hat um den salzigen Geschmack los zu werden.

"Na war das genug Wasser?" Sie lachten dreckig. "Wenn sie nicht so ein Abschaum wäre würde ich ihr glatt zeigen war ein Mann ist." Kam von einem als sie wieder raus gingen.

"wenn ich hier verrecke wird euch euer Meister die Hölle heiß machen.. Ihr Hurensöhne.." ruft sie ihnen noch nach bevor die Tür ins Schloß fällt.

Alles was daraus folgte war ein höhnische und spöttischs Gelächter und der Schlüssel drehte sich im Schloss

Resignierend lehnt Ann den Kopf wieder an die Wand und zieht die Knie zum Körper. Das Wasser war eiskalt, ihre Kleidung jetzt durchnässt bis auf die Haut. Die Kälte im Raum lässt sie frieren bis ihr die Zähne klappern. Sie sieht zur Fackel und stellt fest, dass diese kurz vorm Erlöschen ist. Wenig später ist ein leises Zischen und Fauchen davon zu hören , dann ist es dunkel. Eine einzelne Träne stiehlt sich aus ihren Augen, bahnt sich den Weg über die Wange und tropft schließlich auf ihr Hemd, zu mehr war sie nicht in der Lage. Viele Gedanken gehen ihr durch den Kopf, doch immer mehr verdrängt der Durst und das Sehnen nach Wasser diese. Ann zwingt sich wach zu bleiben, fährt mit den Fingern die Rillen und Furchen der Steine unter dem Stroh nach um sich zu beschäftigen. Doch es dauert nicht lange und das Rascheln und Fiepen kommt erneut aus der Dunkelheit und nähert sich ihr. Dazu mischt sich der Laut von rieselndem und tropfenden Wasser das aus den Felssteinen in die Rinne tropft und diese speist und das sie bis eben noch nicht bewusst wahrgenommen hatte. Es erscheint ihr alles unwirklich laut in der Stille und Dunkelheit, das Tropfen wird zum gleichmäßigen Trommeln in ihren Ohren. Sie hört ihren eigenen Atem, ihren Pulsschlag.. Solange bis sie glaubt ihr Kopf müsse davon platzen. Sie bewegt sich in regelmäßigen Abständen um die Ratten von ihr fern zu halten, doch die gleichmäßigen Geräusche lassen sie irgendwann vor Erschöpfung in Schlaf fallen.

Ein Alptraum quält Ann. Sie fällt und fällt und fällt ins Bodenlose, die Augen gegen den Himmel gerichtet. Äste und Zweige peitschen auf ihren Rücken, zerkratzen ihr die Haut und zerreissen ihre Kleidung. Auf einmal nimmt der Fall ein jähes Ende, ein dumpfer Laut dröhnt in ihrem Kopf, ihr Körper schlägt auf dem Boden auf, es ist schwärzeste Dunkelheit die sie umfängt und dann jagen Schmerzen durch ihre Hände, Arme und Beine, piecksend wie lange dicke Stacheln, reissend und zerfetzend. Ann schreit auf, die Schmerzen werden real. Sie reißt die Augen auf, doch auch die undurchdringliche Dunkelheit ist echt und sie weiß im ersten Moment nicht ob sie tatsächlich wach ist oder noch immer im Alptraum gefangen. Dann jagen neue Schmerzen durch ihre Handgelenke und Arme, merkt sie wie etwas an ihr nagt und beisst. Gellend hallen ihr Schreie in der Zelle wieder und fiepend stoben die Ratten davon. Schluchzend zieht sich Ann zusammen wie ein Kind, spürt wie ihr Blut an den Armen und Beinen ins Stroh tropft und das Pochen von den Bissen zunimmt. Als sie schrie sind ihre Lippen weiter aufgeplatzt und der metallische Geschmack des austretenden Blutes mischt sich in die salzige Trockenheit ihres Mundes.

Irgendwann öffnet sich die Tür. Die Ketten werden von der Wand gelöst und man reißt sie an den Haaren hoch und schleift sie in einen anderen Raum. Die Ketten werden wieder an der Wand befestigt. Ann kann nur erahnen wo sie ist.