Spielersettings » Gwyneffre

Es ist später Nachmittag im neunten Monat des Jahres. Die tiefstehende Sonne schickt ihre goldenen Strahlen durch die sich bereits verfärbenden Blätter der Bäume des Waldes und lässt das Wasser des Baches der leise vor sich hin murmelt funkeln und glitzern. Eine beruhigende Stille liegt über dem Bild auch wenn es mal hier mal da raschelt, auch wenn ein paar Vögel zwitschern und sich ein Reh vorsichtig durch das Moos und hohe Gras dem Wasser nähert und dabei die trockenen und bereits gefallenen Blätter am Boden rascheln. Nichts stört die friedliche Idylle.
Dort wo der Bach eine grosse Kurve macht und an dieser Stelle das Wasser in einer Ausbuchtung beinahe ruhig liegt ist am Ufer ein Kreis aus Steinen gelegt. In der Mitte des Kreises der fein säuberlich von Blättern und Gras befreit und mit weichem Moos ausgelegt ist sitzt eine Frau mit unter geschlagenen Beinen auf der Erde. Sie ruht in sich, atmet tief und ruhig und hält die Hände wie eine Schale vor sich im Schoß. In den geöffneten nach oben gerichteten Handflächen liegt eine Strähne mit roten Haaren. Mit geschlossenen Augen wiegt sie sich wie im Rhythmus einer nicht hörbaren Musik. Ihre langen gewellten blonden Haare die ihr lose über die Schultern auf den Rücken fließen sind durchzogen mit grauen Strähnen, das gut und gleichmässig gezeichnete Gesicht mit den Fältchen um die Augen und den geschwungenen geschlossenen Lippen, den gleichmäßigen dunklen Augenbrauen und der aristokratischen Nase ist entspannt und es erweckt den Anschein als ob die Frau nicht im Hier und Jetzt zu sein scheint. Nach einer Weile zieht ein Lächeln über ihr Gesicht und sie öffnet die Augen. "Norfrok.." kommt erfreut über ihre Lippen.
Rasch steckt sie die Haarsträhne in einen Beutel an ihrem Gürtel, erhebt sich und tastet dabei nach einem Stock der außerhalb des Steinkreises liegt. Doch noch bevor sie mit dem zweiten Fuß aus den Steinkreis treten konnte zuckt sie zusammen. Da! Da war es wieder! Ein Gesicht das ihr in letzter Zeit öfter erscheint.. Das eines Nordmanns.. Den sie nicht kennt, dem sie nie begegnet ist. Und doch weiss sie in ihrem Innersten, dass er etwas mit ihr zu tun haben wird..

Hoch oben im Norden der Mittellande liegt ein Land das von den meisten nicht gekannt oder gemieden wird. Sei es des kalten Winters wegen, der hier im vierten Monat endet und schon im neunten Monat wieder anfängt. Oder der Geschichten des Krieges wegen, der hier über Jahre tobte? Oder gar wegen der grausamen Geschichten der Hroki, menschenfressender Wetterhexen, die sich den Nebel, der überall durch die Täler und Sümpfe zieht zu nutze machen, um Wanderer oder Kinder in die Irre zu führen und dann für immer verschwinden zu lassen? Man Weiss es nicht. Und wenn man fragt bekommt man von aussenstehenden nur gestammel zu hören. Die Einheimischen dagegen haben ihre eigenen Lieder und Geschichten ueber dieses Land, welches sie ihres Stammvaters wegen Aardarsfjoerd nannten. Für diese Menschen, die sich dem rauen Klima, welches hier herrscht, angepasst haben, gibt es nichts schöneres. Wenn die rauen Winde ueber den Fjord wehen, der aus den Bergen kommt. Oder wenn die letzte Flotte der Fischer vor dem Winter in den Hafen fährt. Und wenn man dann mit seiner Sippe abends am Lagerfeuer sitzt und sich Geschichten von den grossen Ahnen erzählt, während man voller staunen die schimmernden tanzenden Lichter der Altvorderen am Himmel bestaunt. Ja sogar das heulen der Woelfe, das abends aus den schneebedeckten Bergen und Wäldern zu hören ist wird geschätzt. Denn, so die Legende, wo ein Wolf schreitet, da keine Hroki Angst verbreitet.
Und so geschah es, dass an solch einen Abend ein Lagerfeuer brannte, an dem ein stattlicher, jedoch schon in die Jahre gekommener Mann saß und in die Flammen starrte. Sein rechtes Auge, durch Narben gezeichnet und durch Blindheit beeinträchtigt glänzte im Schein des Feuers.
Es war Ragnar, Sohn des Wulfgar, Hochschamane und Geistsprecher des Clans der Woelfe. Er war das Alpha und das Omega des Clans. Der, der schon so viele Kriege miterlebt und viele der seinen zu den Ahnen begleitet hatte, saß hier allein am Feuer und meditiert.
Jedoch was er sah irritierte ihn. Eine Frau? Eine unbekannte Frau mit hellen Haaren die ihm völlig unbekannt war? War sie in Gefahr oder wieso gaben die Ahnen ihm solch eine Vision? Er konnte nicht anders als Kontakt mit ihr aufzunehmen. Er verfiel weiter in Trance, zu hoffen irgendwie mit ihr in Verbindung treten zu können. Denn eines war sicher. Der Geist des Wolfes ist stark in dieser Frau.

Gwyneffre spürte den Zug zurück in ihren Kreis. Etwas wollten ihr die Ahnen mitteilen, sie wusste nur nicht was. Sie legte ihren Stock erneut außerhalb des Kreises ab, setzte sich mit verschränkten Beinen auf den Boden und begab sich wieder in die Hände der Mutter Erde. Nach geraumer Zeit vernahm sie mit geschlossenen Augen das vertraute Rascheln von Tierpfoten, die eine Runde um den Kreis drehten und dann ihr gegenüber endeten. Sie öffnete die Augen nicht, wusste genau wer dort saß. Stattdessen ging sie tiefer in sich, ergab sich ihrem Sehen, wissend dass sie in diesem Zustand zwar verletzlich aber dennoch gut beschützt war. Langsam schälte sich das Bild des Nordmanns aus dem Nebel den sie sah, wurde deutlicher und reiner. Tief in sich ruhend nahm Gwyneffre auch die Umgebung ihres Geistbildes in sich auf, versuchte diese zuzuordnen, jedoch ohne Erfolg. Der Blick ihrer blauen klaren Augen ging in der Realität ins Leere, ruhte jedoch in ihrem Geist auf dem Gesicht des Mannes. 'Wer bist du.. Was willst du mir sagen?' Gwyneffre stellte sich die Fragen, konnte sie aber nicht beantworten. Sie spürte weder Gefahr noch unangenehme Schwingungen, konnte auch keine ihrer Visionen mit ihm in Verbindung bringen. So ließ sie das Bild auf sich einwirken und ließ es auch zu, dass ihr gegenüber ebenfalls den Kontakt aufrecht erhalten konnte. 'Warum führen die Ahnen meinen Geist zu dir..'

Das Feuer knistert vor sich hin und der Wind heult in den Bäumen. Der alte Schamane schaut tief in das Feuer und fängt an leise zu sprechen. "Ich sehe dich Kind des Wolfes. Der große Geist der Wildnis hat deinen Geist über die Länder hinweg mit dem Wind zu mir getragen. Hab keine Furcht".Seine Stimme klingt im Geiste ruhig und vertraut.

Gwyneffres Blick bleibt offen auf ihn gerichtet. Ruhig und ohne Angst oder Hast antwortet sie ihm. "Ich sehe dich weiser Mann und Geist des Wolfes. Die Ahnen leiten meinen Blick über die Welten hinaus.. Sag, wen hab ich vor mir?"

Ein heulen hoch oben in den schneebedeckten Bergen ist zu hören. "Man nennt mich Ragnar, Sohn des Wolfes. Alpha des Rudel der Kinder des Waldes und der Berge. Meine Heimat ist weit oben im Norden. Dort wo das Himmelszelt auf die Erde trifft. Und wie nennt man euch?"

Wie ein Nebel zieht kurz ein Schleier über ihr Antlitz, dann ist es wieder klar erkennbar. "ich bin Gwyneffre, die von den Ahnen Geküsste. Tochter der Nacht und des Mondes. Wächterin zwischen den Welten. Sag.. Warum werden die Ahnen meine Geist zu dir geführt haben?" Während sie spricht heult auch bei ihr ein Wolf, aber ganz in der Nähe.

Ragnar blickt tiefer in die glimmende Glut. "Warum genau wir einander hören das vermag ich nicht zu sagen. Jedoch habe ich eine Theorie. Jedes Jahr, wenn der Winter naht, ruft der große Geist des Wolfes seine Kinder zusammen, um das Rudel zu vergrößern und zu vereinen. Aber es kommt nur alle 10 Generationen vor, dass der große Geist jemand so weit entferntes ruft. Es muß etwas besonderes an euch sein. Ich denke wir werden in der Zukunft noch viel miteinander zu tun haben".

"ja so mag es sein.. Meine Sippe kommt vom Eisgebirge im Lande Durian nahe des Drachenberges. Es zieht mich schon lange hinaus in die Welt.. Als. Ob etwas Unbestimmtes meine Wege führen wolle." Das Aufheulen des Wolfes unterbricht sie. Stimmen und Schreie sind zu vernehmen, Schwaden von rot gefärbtem Nebel verschleiern ihr Gesicht in den Flammen.

Ein Gefühl von Gefahr überkommt gwyneffre und überträgt sich durch den Kontakt auf Ragnar. Dann hört man den Ruf nach ihr. Laut, wütend und drohend klingt die dunkle rauhe Stimme die ihren Namen schreit. "Gwyneffre!!"

Ragnar bemerkt eine innere Unruhe die seinen Geist befällt. Er blickt in das Feuer und sagt lauter. "Was habt ihr? Was geht da vor sich. Sagt irgendwas!". Besorgt schaut er weiter in das Feuer und wartet.

Gwyneffre zuckt zusammen als sie die Stimme hört. Erneut wird sie gerufen. Sie dreht den Kopf um nach hinten zu sehen und Ragnar kann durch ihre Augen Feuerschein erkennen. "Norfrok.. NORFROK der Täuscher ist hier.
Er überfallt unser Dorf! Oh ihr Götter.. Erbarmt euch! Er wird alle umbringen.." dann kann Ragnar eine Hand erkennen, die Gwyneffre an den Haaren packt und aus dem Kreis zerrt..

Ragnar merkt sich jede Kleinigkeit, jedes Detail. Dann löscht er das Feuer, nimmt ein Stück Pergament und schreibt Runen darauf. "Wölfe des Nordens, Kinder von Thaurina, Mutter des Waldes. Hört den Ruf eures Alphas. Jemand dem die grosse Mutter wohlwollend ist, schwebt in grosser Gefahr. Versammelt euch. In 3 Tagen marschiert das Rudel, um ihr zu Hilfe zu kommen." Ragnar rollt das kleine Pergament zusammen und bindet es an Runan, seinem Raben. Nach einigen Worten des fluesterns, dass nur für Aardar bestimmt zu sein schien, laesst er den Raben fliegen. Er selbst geht in seine Huette und bereitet den Aufbruch vor.

Als sie so aus dem Ritual und dem Kreis gerissen wird versäumt sie es die Pforte in die andere Ebene bewusst wieder in sich zu schließen.
Grob wird sie auf die Beine gezerrt, gefesselt und ins Dorf gebracht. Ihr Weg führt vorbei an brennenden Hütten, erschlagenen Männern und getöteten Frauen und Kindern. Sie hört die Schreie derer, die noch verfolgt und brutal nieder gemtezelt werden, spürt diese bis in die letzten Knochen. Den Dorfältesten haben sie an einen Pfahl gebunden und ein paar Männer machen sich einen Spaß daraus, diesen mit Spießen zu traktieren. Ein letzter Blick von ihm trifft Gwyneffre ehe er zu den Göttern geht. Sie wird diesen Blick nie vergessen.
Der Boden ist schlammig vom Kampf und dem vergossenen Blut. Gwyneffre stolpert und rutscht aus, fällt in diesen nach Tod und Exkrementen stinkenden Dreck. Es kümmert den Mann nicht, der sie hinter sich her zerrt und schleift bis sie an dem Ritual Pfosten in der Dorfmitte sind. Erneut wird sie hoch gerissen und dann daran fest gebunden. "Hier wirst du bleiben, hören und sehen was mit deinem Dorf und dessen Bewohnern passiert, ihre verzweifelten Rufe, ihr Röcheln bis zum letzten Atemzug hören.. Bis es erstirbt und nur noch Stille herrscht." Norfrok der Täuscher tritt an sie heran, geifernd und vor Hass und Wut bebend." Du hast den Tod meines Sohnes heraufbeschworen, ihn vorausgesagt. Du hast vorhergesagt dass man mein Dorf auslöschen wird! Und mir hast Du vorherbestimmt, dass ich keine Kinder mehr zeugen kann! Du Hexe! " Er gibt zwei seiner Männer die um ihn stehen ein Zeichen. "Doch weißt du was? Du wirst zusehen wie dein Sohn krepiert.. wie es meiner tat.." "Nein! Nein! Norfrok.. Verschon ihn! Er kann nichts dafür!" bettelt sie, doch die Männer zerren den jungen Mann schon an Fesseln herbei. " Urluv! Ur.. Grgl" das Wort erstirbt während sie es ausruft, denn der bärtige Mann vor ihr stopft ihr ein Tuch in den Mund und fixiert dann ihren Kopf mit einem Streifen Leinen an den Pfosten, so dass sie diesen nicht mehr bewegen kann. "Sieh zu! Denn es ist das Letzte das du sehen wirst!" Erneut gibt er ein Zeichen. Zwei Pferde werden herangeführt, der junge Mann dazwischen fest gebunden. Norfrok nimmt einen längeren Dolch zur Hand. Mit Entsetzen sieht Gwyneffre, wie er diesen in den Bauch ihres Sohnes rammt und unter dessen Schreie nach oben zieht bis Bauch und Brust offen klaffen. Blut schießt hervor, ergießt sich auf den Boden, gefolgt von Eingeweide und Erbrochenem. Gwyneffre will schreien, doch jeder Schrei erstirbt in dem Tuch in ihrem Mund. Ihr Sohn sieht sie mit vor Schmerz aufgerissenem Mund und Augen an. Norfrok geht zu dessen Rücken und auch hier schlitzt er Urluf von unten nach oben auf. Dann hebt er die Hand und kurz bevor der junge Mann das Bewusstsein verliert senkt er sie. Diejenigen die die Pferde hielten lassen diese los und schlagen mit ihren Schwertern auf dessen Kruppen, so dass die Pferde in entgegen gesetzte Richtungen einen Satz machen und davon galoppieren. Mit einem schmatzenden Geräusch zerreißt der Körper ihres Sohnes. Wäre sie nicht an den Pfosten gebunden wäre sie jetzt zusammen gesackt, weil ihr die Füße versagten. Norfrok lacht und geht zu ihr. "Ich hoffe, du hast eine bleibende Erinnerung. Denn das ist alles was dir bleibt!" Er geht zu einem Feuer in der Nähe holt ein vorbereitetes Stück glühendes Eisen daraus hervor und kommt damit zu ihr zurück. "Du wirst nie mehr jemanden mit deinem Blick schaden!" beinah wie hundertfach geübt blendet er sie bis ihre Augen blind und milchig werden. Auch hier erstirbt jeder Schrei im Tuch. Auch hier folgt das tiefe schadenfrohe Lachen. Dann lässt er ab von ihr und gibt das Zeichen zum Aufbruch." Ich hoffe, du schmeckst den Krähen und nährst sie gut.. Denn zu mehr bist du nicht mehr zu gebrauchen!" er steigt aufs Pferd und prescht gefolgt von seinen Leuten aus dem Dorf.
Schluchzend bleibt Gwyneffre am Pfosten gefesselt zurück. Niemand im Dorf wird ihr mehr helfen können und nachdem der Hufschlag verklungen ist hört sie nur noch vereinzeltes Jammern und Stöhnen das ebenso langsam erstirbt wie das Knistern des zerstörenden Feuers. Sie betet zu den Göttern...

Tief in der Nacht schleicht ihr Gefährte auf der Suche nach ihr schnüffelnd und witternd in ihrer Nähe umher. Er hatte sich während des Gemetzel und des großen Feuers Schutz gesucht und suchte nun nach ihr. Immer näher zog er seine Kreise.
Gwyneffre war am Pfahl soweit es ihre Fesseln zufließen zusammen gesunken. Längst schon hatte sie keine Tränen mehr, längst schon hat sie aufgegeben mit ihren Augen auch nur einen Schimmer von Licht oder Umriss zu erhaschen, sich anzustrengen und das Unvermeidliche nicht akzeptieren zu wollen. Sie wusste, nichts wird mehr so sein wie es war, ihr Augenlicht war unwiderbringlich verloren. Als sie das Schnüffeln und das leise Traben von Pfoten vernahm rief sie "hier.. Hier bin ich"..
Ihr Gefährte hörte sie, kam ganz nah und schnupperte sie ab. Dann setzte er sich erwartungsvoll vor sie, hechelnd und wartend was jetzt geschehen soll. Gwyneffre konnte ihn nicht sehen aber hören was er tat. "Hierher mein guter.. Hierher..". Sie strengte sich an, ihre Hände zu bewegen, ihm zu zeigen wo er hin sollte. Wenn sie Glück hatte dachte sie, wenn sie Glück hatte würde er ihr die Hände lecken und vielleicht das Seil etwas lockern..